Oben oder unten, Wasser oder Himmel? Nicht immer ist alles so einfach und eindeutig wie auf dem Bild. Auch lässt sich nicht immer so genau sagen, was warum weh tut.
Es war während des ersten Lockdowns im Frühling 2020, als die Symptome, an denen ich schon seit einigen Jahren punktuell litt, immer stärker wurden. Hatte ich bis dahin entweder ein Jucken oder Brennen in Nase-Augen-Stirn-und-Hals gehabt ODER einen heißen, gefühlt fiebrigen Kopf samt roter, heißer Wangen ODER ein brennendes Gefühl in Hals-Rachen-Speiseröhrenbereich ODER Bauchschmerzen ODER ständige Müdigkeit und Abgeschlagenheit gehabt, geschah nun alles immer häufiger zeitgleich. Obendrein tat auch noch der Kopf oft weh.
Schon vor Jahren hatte ich wegen des für Allergien typischen Juckens und Brennens in der Nase eine Allergologin aufgesucht, doch der klassische Allergietest war negativ ausgefallen. Auf Lebensmittelunverträglichkeiten sind wir nicht gekommen, weder die Ärztin noch ich. Auch als mir meine Hausärztin vor einigen Jahren die diffuse Diagnose Reizdarm oder Reizmagen verpasste, dachte ich nicht über mögliche Reaktionen auf Lebenmittel nach. Zumal die Iberogasttropfen ja punktuell halfen.
Mit der Verdichtung der Beschwerden im Frühling 2020 – ich nahm damals bereits seit einigen Monaten ein Johanniskrautpräparat –, dachte ich anfänglich, ich sei an einer atypischen Form von Covid19 erkrankt. Als die Symptome auch nach Wochen unvermindert stark waren und blieben und man anfing über LongCovid zu sprechen, vermutete ich, daran zu leiden. Manche Symptome sprachen dafür, andere nicht. Ein negativer Antikörpertest gab Entwarnung.
Doch was ist es denn, das mich so lahmlegt?
Der Zufall wollte es, dass ich im Herbst eine aus den Augen verlorene Freundin auf FB traf. Zuerst chatteten, später telefonierten wir. Ich erzählte ihr von meinen gesundheitlichen Problemen, den Symptomen, der Erschöpfung. Dass meine Symptome etwas mit meiner Ernährung zu tun haben könnten, ist mir bis zu diesem Gespräch, wie gesagt, nicht im Traum eingefallen. Ich aß doch eigentlich ziemlich gesund. Na ja, was man halt alles so isst, wenn man sich vegetarisch ernährt. Viel Gemüse, ganz besonders gern Tomaten. Und Brot. Salatsaucen mit Balsamicoessig. Schokolade. Joghurt. Käse. Bier. Wein. Ansonsten gar nicht mal soo viel anders als heute, doch gerade die erwähnten Dinge sind stark histaminhaltig. Histamin, das von manchen Menschen nur schlecht abgebaut werden kann und darum beim Verdauen Reaktionen wie meine hervorruft. Den Histaminpegel zu senken, kann bereits sehr helfen.
»Probier es doch einfach mal aus. Lass mal eine Zeitlang das Histamin weg. Wenn es besser wird, bist du auf der richtigen Spur. Deine Symptome jedenfalls sind sehr typisch für eine Histaminunverträglichkeit. Das hängt nämlich alles zusammen«, sagte sie als ebenfalls Betroffene.
Nun ja, es kann ja nur besser werden!, sagte ich mir und wagte das Experiment. Ich aß eine Woche lang ausschließlich Haferflocken, Kartoffeln und Reis. Mit Salz und ein wenig Olivenöl. Die sogenannte Kartoffel-Reis-Diät. (Anleitungen gibt es im Internet zuhauf. In meiner Linkliste finden sich ein paar empfehlenswerte Seiten. Eine Anleitung für die Umstellung gibt es zum Beispiel hier.)
Kurz und gut: Mir ging es bereits innert Tagen deutlich besser, die Symptome verschwanden fast vollständig und die pickelige, immer leicht gerötete Gesichtshaut glühte nicht mehr. Nach und nach probierte ich Lebensmittel, die auf der SIGHI-Lebensmittelliste als verträglich erwähnt werden, aus. Als ich schließlich auch noch mein Johanniskrautpräparat ausgeschlichen hatte, waren die vorherige zeitliche Häufung meiner Beschwerden fast ganz verschwunden. Noch ist nicht alles gut, aber die Lebensqualität hat sich verbessert.
Ich vermute übrigens, dass es nicht am Johanniskraut an sich lag, sondern an den anderen Zutaten. Ein Blick auf die Zusatzstoffe von Medikamenten lohnt sich! (Link zu einer Liste für Betroffene un/bedenklicher Zusatzstoffe.) Ebenfalls vermute ich, dass dieses Präparat der Tropfen war, der mein Histaminfass langfristig zum Überlaufen gebracht hat.
Noch habe ich keine gesicherte Diagnose, weiß also nicht, ob ich ’nur’ an einer Histaminunverträglichkeit leide, die sich vielleicht nach einiger Zeit wieder verflüchtigt, oder aber, ob ich noch andere Lebensmittel nicht vertrage oder gar eine Mastzellerkrankung habe. Lebensmittelunverträglichkeiten lassen sich nicht ganz so einfach testen und abklären wie Allergien. Meine täglichen Erfahrungen zeigen, dass ich auf der richtigen Spur bin. Weitere Untersuchungen werden folgen.
Ganz nebenbei verlor ich neben einigen Pfunden die Lust auf allzu Süßes. Und mein Abfallberg schrumpfte, da ich mich seit Herbst 2020 fast ausschließlich von frischen Lebensmitteln – Gemüse und Getreide – ernähre. Der wichtigste Grundsatz in der histaminfreien Ernährung lautet nämlich: Alles so frisch zubereiten und essen wie möglich, denn Histamin entsteht vor allem bei der Lagerung sowie im Gär- und Reifungsprozess.
Die Freude am Experimentieren half mir über meine Frustration hinweg, nun keine Pizza & Co. mehr essen zu können. Nun ja, natürlich könnte ich mich weiterhin so ernähren wie bisher – und weiterleiden. Die Freude darüber, einen Großteil der Beschwerden losgeworden zu sein, hilft mir jedoch täglich dabei, mich mit meinen als sicher erkannten Lebensmitteln, die ich liebevoll zubereite, zu ernähren.
Auf FB bin ich inzwischen Teil einer Gruppe von Menschen geworden, die histaminhaltige Lebensmittel meiden müssen. Wir tauschen uns über Rezepte aus und inspirieren uns gegenseitig. Daraus ist meine Idee für dieses Blog hier gewachsen. Zum einen will ich meine wachsende Sammlung neuer Rezepte festhalten, zum andern will ich meine Leser:innen inspirieren.
Ich lebe aktuell ohne Gluten, denn mein Körper hat die paar Male, die ich Gluten wieder ausprobiert habe, körperlich unerfreulich reagiert. Letztendlich lässt sich aber nichts verallgemeinern und vergleichen. Jede:r muss selbst herausfinden, was geht und was nicht.
Alle Rezepte sind mehrfach erprobt und für gut befunden, doch Geschmäcker und Verträglichkeiten sind bekanntlich verschieden. Die Rezepte dürfen darum herzlich gern ergänzt und umgestellt werden. Ich freue mich über Kommentare und Tipps. Selbstverständlich sollen die verwendeten Zutaten der eigenen Befindlichkeit und Verträglichkeit entsprechend angepasst werden.
Wenn ich übrigens zu meinem Partner fahre, nehme ich inzwischen meine Lieblingszutaten mit, damit ich auch gemeinsam mit ihm leckere, verträgliche Gerichte kochen kann. Ja, das ist herausfordernd und umständlich, aber möglich. Und die gewonnene Lebensqualität macht die Umstände wett.
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Kurz-Biografie: Nisa. Sie. Mitte fünfzig. Seit über vierzig Jahren Vegetarierin. Auf dem Land zuhause. Schweizerin.